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C_the_unseen: ungesehene Schätze aus dem Museum -Dezember 2025

Wo steht ihm der Kopf?

Im Museum für Naturkunde Chemnitz lassen sich die faszinierendsten Objekte entdecken – vom präparierten Löwen im Historischen Kabinett über Milliarden Jahre alte fossile Mikrobenmatten bis zu lebenden Riesenblattschrecken im Insektarium. Doch im Magazin im Keller birgt das Museum auch Exponate, die dem Betrachter im Alltag eher selten begegnen – so zum Beispiel ein zweiköpfiges Kalb.

Das Phänomen der Zweiköpfigkeit wird in der Wissenschaft als Dizephalie bezeichnet. Die „typische Dizephalie“ beschreibt ein Lebewesen mit einem Körper und zwei Köpfen; seltener sind auch der Hals und manchmal Organe des Oberkörpers doppelt ausgebildet. Beides sind Sonderformen der siamesischen Zwillinge, die auf eine unvollständige Teilung der befruchteten Eizelle zurückzuführen sind. Die Ursachen dieser sogenannten Doppelfehlbildung sind noch nicht gänzlich verstanden.

Dizephalie ist in der Natur eine rare Erscheinung, die beispielsweise bei Rindern gut dokumentiert ist. Diese Seltenheit folgt aus der begrenzten Lebensfähigkeit der Tiere: Von Dizephalie betroffene Föten sterben meist vor der Geburt schon im Mutterleib. Wenn sie geboren werden, stehen ihre Überlebenschancen in der Regel trotzdem schlecht. Einer der Gründe dafür ist, dass es zu Schwierigkeiten kommen kann, wenn sich zwei Gehirne einen Körper teilen. Versuche an dizephalischen Tieren zeigen, dass dem Tier oft nicht klar ist, welcher Kopf gerade fressen soll und welcher die Bewegungsrichtung bestimmen darf. Solche Umstände erschweren das Leben in freier Wildbahn; außerdem werden fehlgebildete Jungtiere oft vom Muttertier verstoßen. Bessere Überlebenschancen können partiell in menschlicher Obhut bestehen.

Menschen sind vom Phänomen der Dizephalie so fasziniert, dass  sie die Vorkommen nicht nur dokumentieren, sondern möglichst auch konservieren und ausstellen. So ist auch dieses 1908 in Rußdorf bei Limbach geborene zweiköpfige Kalb Teil der Zoologischen Sammlung des Museums für Naturkunde Chemnitz. Während es sich im Magazin versteckt, ist ein ähnliches Exemplar in der Ausstellung des Naturalienkabinetts Waldenburg zu sehen.

Seit dem Byzantinischen Reich sind auch Wappentiere mit Dizephalie nachweisbar: Der doppelköpfige Adler verkörpert die Dualität von König und Kaiser, von weltlicher und religiöser Macht oder von Europa und Asien. Zahlreiche Staatsgebilde mit dieser Doppelfehlbildung im Wappen sind ähnlich lebensfähig wie die von Dizephalie betroffenen Vorbilder ihrer Wappentiere.

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Museum für Naturkunde Chemnitz | Moritzstraße 20, 09111Chemnitz
Öffnungszeiten Mo, Di, Do, Fr 9-17 Uhr | Sa, So 10-18 Uhr
www.naturkunde-chemnitz.de | info@naturkunde-chemnitz.de
Tel. 0371 - 488 45 51 | Fax 0371 - 488 45 97